Die Bäder im Wandel der Zeit 

 So unterschiedlich die Städte und ihre Bäder auch sein mögen – es gibt doch viele Gemeinsamkeiten!
Der Verfall an Bausubstanz und Innenleben betraf alle gleichermaßen: die prächtigen großen und die bescheidenen kleinen Schwimmhallen. Auch die Ansprüche der Menschen veränderten sich im Laufe von hundert Jahren, ebenso die Technik. Und dann mussten die Oldies ja noch, zusammen mit ihrem Badepublikum, durch dick und dünn der deutschen Geschichte. 

An dieser Stelle gibt es im Zeitraffer einen Blick auf die sich wandelnden Rahmenbedingungen der Schwimmhallen.
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FUNKTION: Die (Volks-)Badeanstalten dienten in erster Linie der Körperhygiene, hielten Dusch- und Wannenbadzellen, oftmals auch eine Wäscherei bereit und konnten kostengünstig genutzt werden. Die Beckenhalle war zwar das Herzstück, dennoch nur ein Teil des Angebotes. Frauen besuchten das öffentliche Bad in den Anfangsjahren deutlich weniger als Männer, die wenigsten Menschen konnten schwimmen. Da war also noch einiges zu tun!
Größe und Ausstattung der ‚Warmbadeanstalt‘ wie auch die Maße des Bassins orientierten sich übrigens ausschließlich an der Einwohnerzahl, am Grundstückszuschnitt und an der kommunalen Haushaltslage.
In den Zwanziger Jahren gewann das Sportschwimmen mehr Bedeutung, die Becken wurden vielfach auf Wettkampfmaße vergrößert. Auch hatte man verstanden, dass gemeinsames Baden beider Geschlechter nicht in die Sittenlosigkeit führte.
Sukzessive verschwanden die Badewannen, ein häusliches Badezimmer gehörte in allen Neubauten zum Standard.
In der heutigen Zeit ist die Schwimmhalle ein Freizeit-Angebot unter vielen, muss aber gleichwohl allen Bevölkerungsgruppen offen stehen: vom Babyschwimmen über Schul-und Vereinssport bis hin zu seniorenfreundlicher Wassergymnastik und barrierefreier Nutzung.
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BAULICHKEIT: Nicht nur Menschen altern, auch Gebäude. Das gilt im besonderen Maße für die ständig feuchten Schwimmhallen.
Hier gab es über die gesamte Zeit kleinere und größere Instandsetzungen. Ab den 70iger Jahren wurden die alten Bäder jedoch vielfach zum Pflegefall. Da war es mit Reparaturen nicht mehr getan – eine Generalsanierung stand an. Nicht wenige Badeanstalten kamen in dieser Zeit unter die Abrissbirne.
Auch die Ästhetik des Bauens hatte sich übers Jahrhundert verändert: Putte und Fischmaul-Wasserspeiher waren out, die Jugendstil-Fenster wurden durch funktionale Glasbausteine ersetzt und die ornamentierte kuppelförmige Hallendecke verschwand zwecks Lärmschutz und Heizkostenersparnis - abgehängt mit Plastik-Lamellen. Die modernen Spaßbäder in Glas-Stahl-Kubus-Bauweise seien da nur am Rande erwähnt.
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TECHNIK: Die beste Schwimmbad-Technik ist die, die unsichtbar ist und einwandfrei funktioniert. Dabei ist einiges nötig, um ein unbeschwertes Badeerlebnis bei angenehmen Temperaturen und frei von krankmachenden Keimen zu ermöglichen.
Heutzutage ist die Kohle als Klimakiller ausgemacht - damals hat sie die Industrialisierung und damit den technischen Fortschritt erst ermöglicht. Im Bad betrieb sie Pumpen, um zunächst das Wasser komplett aus zu tauschen. Später, um das Wasser im laufenden Badebetrieb unter Chlorbeigabe zu reinigen.
Doch ebenso wichtig war eine körperfreundliche Temperatur der Luft und des Wassers. Auch das war ja zu Kaisers Zeiten ein Grund für den Bau von Schwimmhallen gewesen: ganzjährige Badegelegenheiten zu schaffen - unabhängig von Naturgewässern und Witterung. Hier musste also kräftig eingeheizt werden!
Der Herr der Heizkessel und der Kohle-/Koks-Vorräte hatte meist sogar eine Unterkunft im Gebäude.
Im Zuge der Elektrifizierung verschwand der Beruf des Heizers, auch die turmhohen Essen wurden meist gesprengt. Damals wie heute sind Wasser und Wärme Kostenfaktoren; die benötigten technischen Apparaturen sollen kostengünstig arbeiten, in unseren Tagen überdies auch umweltfreundlich und nachhaltig.
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DAS DRUMHERUM: Politisch bot das 20. Jahrhundert einige Aufs und krachende Abs. Die Bäder blieben davon nicht ausgenommen. Noch in Friedenszeiten gebaut, ließ der Erste Weltkrieg allerorten die Lichter ausgehen – Männer- und Kohle-Mangel. Gegen Ende der 20iger Jahre hatte sich die Republik gefunden und ein bescheidener Wohlstand wurde oft genutzt, um die alten Badeanstalten technisch nach zu rüsten und baulich erste Veränderungen vor zu nehmen. Jetzt wurden auch die ersten neuen Schwimmhallen gebaut – streng gegliederte vielfenstrige Fassaden ohne Stuck und Schnörkel, Zeit für die ‚Neue Sachlichkeit‘. Im Gleichschritt ging es dann in den Zweiten Weltkrieg. Die Bäder boten reduzierte Öffnungszeiten (Kohlemangel, Wehrmacht-Schwimmen), wurden verdunkelt und meldeten nach Kriegsende nicht selten Totalschaden. Unter anderen haben auch unsere glücklichen Dreissig das ein oder andere Türmchen verloren, wurden aber, wegen des großen öffentlichen Interesses an einem Warmbad schnellstmöglich wieder hergestellt.
Die Teilung Deutschlands nahm Gestalt an. Im Rückblick muss man feststellen, dass eine Badeanstalt in der alten DDR eher die Chance auf Erreichen des 21. Jahrhunderts hatte als in der alten BRD. 13 der hier vorgestellten Bäder liegen in den gar nicht mehr so neuen Bundesländern (incl. Berlin/Ost) und 17 im alten Westen, der allerdings flächenmässig um gut ein Drittel größer war. Hüben wie drüben wurden zwar neue Hallenbäder gebaut, doch wurde im Wirtschaftswunderland eher verblichene Pracht gegen neue Sportschwimmbecken ausgetauscht als im Arbeiter-und-Bauern-Staat.
So wurde die Neubau-Wut der 60iger immerhin noch überstanden, doch unsere glücklichen Dreissig konnten mit ihrem maraden Charme kaum mehr punkten und brauchten Unterstützung. Bürgerinitiativen, Heimatvereine, Fundraising oder auch einfach nur ehemalige Schwimmschüler machten mobil, um ‚ihr‘ Bad zu schützen.
Aber: Auch ein Denkmal muss sich eine Kommune erst mal leisten können!
So waren also viele helfenden Hände und noch mehr Geld nötig, um in z.T. jahrzehntelangem Ringen den morschen Kasten wieder in ein städtisches Kleinod zu verwandeln.